Klinische Beurteilung des Farbensehens

Wenn eine Person eine von der allgemeinen Bevölkerung abweichende Farbwahrnehmung hat, kann diese Farbsinnstörung entweder angeboren oder erworben sein.

Angeborene Farbsinnstörungen

Prüfteste für das Farbensehen wurden zur Untersuchung von Kindern und Erwachsenen mit angeborenen Farbsinnstörungen entworfen. Häufig sind die Abweichungen vom normalen Farbensehen so gering, dass sie keine praktischen Konsequenzen, besonders in der Kindheit, haben, wenn die Lehrer und Eltern die kindlichen Schwierigkeiten verstanden haben. Erwachsene mit Farbsinnstörungen sollten sich dieser Charakteristik ihres Sehens bewusst sein, da einige Berufe gutes oder sogar perfektes Farbensehen erfordern.

Bei angeborenen Farbsinnstörungen liegt die Abnormität oftmals in der Struktur und Funktion eines Zapfenpigments (selten in mehr als einem). Rot-grün Farbsinnstörungen werden X-chromosomal vererbt und treten daher häufiger bei Männern (8%) als bei Frauen (0,4%) auf.

Farbnormale Personen sehen alle Farben des Spektrums (Bild 2A) während eine Person mit Rot-grün Störungen (Bild 2B) ein gräuliches Gebiet (in Klammern in Bild 2B) hat, in dem er oder sie nicht die Unterschiede zwischen einigen Schattierungen von Rot und Grün wahrnimmt und diese übersieht.

  
Bild 2A    Bild 2B

Bild 2.
A. Die farbigen Oberflächen dieser Figur spiegeln alle Spektralfarben wieder, am äußeren Ende der Strahlen gesättigt.

B. Diese Darstellung zeigt, wie eine Person mit einer Deutan Störung das Bild 2A sieht. Grüntöne und die die gegensätzlichen Töne Purpurrots werden matt wahrgenommen und daher leicht miteinander vertauscht. Da diese Farben auf der gegenüberliegenden Seite des Farbkreises liegen, gibt es eine „Achse“ des Ausfalls durch den Farbkreis. Der Farbraum der Person ist gelb-blau mit Verwechslungen der Farben auf der rot-grün Achse. Die individuellen Variationen der Farbverwechslungen sind groß.
(Bild 2 wurde mit Genehmigung von Anders Hedin, MD reproduziert)

Farbsinnstörungen werden im Allgemeinen durch die Benutzung Pseudoisochromatischer Ishihara –Typ ähnlicher Teste entdeckt. Sie wurden mit einer hohen Empfindlichkeit entworfen und lassen gewöhnlich nur einige milde Fälle unentdeckt. Einige Personen die keine Farbsinnstörungen haben, könnten möglicherweise den Farbsehtest nicht bestehen. Daher sollte der Grad der Farbsinnstörung mit Hilfe quantitativer Teste beurteilt werden. Aussagen und Diagnosen über Farbsinnstörungen sollten niemals nur auf Screeninguntersuchungen allein beruhen. Die vielfach genutzten Teste die dem Farnsworth Panel D-15 Typ entsprechen sind in Bezug auf Sehschärfeverluste und Kontrastempfindlichkeitsverluste nicht empfindlich. Also werden von diesen Verlusten nicht gestört.

Bild 3A Bild 3B

Bild 3. Deutanstörung
A. Die Steine wurden so angeordnet, dass nahezu ähnliche Steine nebeneinander stehen.
B. Das Ergebnis im Aufzeichungsbogen eingezeichnet, zeigt die Kreuzungen der Deutanachsen.

Bei Sortiertesten sortiert die farbsinngestörte Person die Steine in einer anderen Reihenfolge, als eine Person mit normalem Farbensehen. Farben, die der Person mit einer Farbsinnstörung ähnlich erscheinen, werden nebeneinander gelegt (Bilder 3A und 3B).

Bei klinischen Untersuchungen von Erwachsenen sollte die Größe des Stimulus einen Winkel von 1,5° haben. Das ergibt eine Arbeitsentfernung von 50 cm (19,5 Zoll) bei den meisten Testen. Wenn sich die Person näher heranbeugt, wird der Stimulus größer. Standarduntersuchungen werden mit kleinen Stimulusgrößen durchgeführt. Personen mit geringen Farbsinnstörungen können normalerweise die Farben unterscheiden und zuordnen, wenn große Stimuli verwendet werden. Aus funktionellen Gründen ist es von Interesse auch mit großen Steinen zu testen. Wenn man Kinder testet, ist es hilfreich, wenn man mit großen Stimuli beginnt und mit kleineren Steinen fortfährt.

Erworbene Farbsinnstörungen

Farbsinnstörungen (auch Dyschromatopsien genannt) die durch Krankheiten oder Trauma verursacht wurden, können die Zapfenzellen, die inneren Netzhautschichten, die Fasern des Sehnervs oder den visuellen Kortex angreifen. Die strukturellen und funktionellen Veränderungen können zusammengesetzt oder diffus sein und können ein Auge mehr als das andere beeinflussen. Für eine Diagnose werden die Augen einzeln getestet. Für funktionelle Zwecke sind die binokularen (beidäugigen) Messungen informativer.

Schäden der Makula verursachen oftmals einen Defekt mit blau-gelb, oder der Tritanachse, da sicht dort weniger S-Zapfen als L- und M-Zapfen befinden und diese sich um die Makula herum konzentrieren. Wie auch, wenn die Schäden klein oder zusammengesetzt sind oder keine Achse repräsentieren oder von Tag zu Tag variieren.

Screening Teste die so entworfen wurden, dass sie rot-grün Störungen offenbaren decken keine erworbenen Störungen der blau-gelb Achse auf. Einige wenige Screening Teste haben Tafeln für blau-gelb Störungen.

Die Resultate der quantitativen Teste variiert in Abhängigkeit der Stimulusgröße. Das ist entscheidender bei erworbenen Farbsinnstörungen als bei angeborenen Farbsinnstörungen. Die Ergebnisse der Teste mit kleinen Stimuli veranschaulichen Funktionen an bevorzugten retinalen Orten die für die Fixation genutzt werden, während Ergebnisse der Teste mit großen Stimuli Informationen über die Farbwahrnehmung im täglichen Leben geben.

Farben angrenzender Flächen können die wahrgenommene Helligkeit und Farbtöne nahe gelegener farbiger Flächen verändern. Das verursacht einen zusätzlichen verwirrenden Faktor bei der Beurteilung des Sehens bei den Aktivitäten des täglichen Lebens.

In diagnostischen Beurteilungen sollte sich der Tester der Tatsache bewusst sein, dass reduzierte Beleuchtung der Netzhaut durch Trübungen der Hornhaut, der Linse oder des Glaskörpers die Testergebnisse verzerrt. In solchen Fällen kann eine erhöhte Beleuchtung die Auswirkungen des Defekts herabsetzen oder gänzlich verschwinden lassen. Die Beleuchtung sollte entweder natürlich, bei bewölktem Himmel an einem Fenster, welches zum nördlichen Himmel (auf der Nordhalbkugel) zeigt oder durch Kunstlicht mit einer Farbtemperatur von 6774 K (Standard Beleuchtung C) erzeugt sein.

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